Der Tonfilm
In als historisch anzusehenden Fachbüchern wurde dem Leser die Filmtechnik erklärt. Die nachfolgenden Auszüge geben einen interessanten Einblick in den damaligen Stand der Technik
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Film – ehe wir ihn sehen
Hans Prinzler 1938
Die Technik des Tonfilms
Der Tonfilm kann, wenn man will, bereits auf eine fast dreißigjährige Geschichte zurückblicken, obwohl man natürlich von einer Tonfilmtechnik erst seit etwa 8 Jahren reden kann. Verglichen mit den heutigen Wunderapparaturen in den Tonfilmateliers und Theatern, muten uns die ersten Versuche, einen akustischen Vorgang auszuzeichnen, sehr primitiv an.
Die ersten Verfahren vor etwa fünfzig Jahren bestanden wohl darin, die Schallschwingungen mittels einer Membran direkt auf einer berußten Trommel aufzunehmen. Als Schreibstifte diente eine leichte Feder, die mit der Membran verbunden war; die Schallwellen, die auf die Membran auftrafen, setzten sie in mechanische Schwingungen, die so auf der Rußschicht markiert wurden. Methoden zur Aufzeichnen der Töne gibt es also schon recht lange.
Dagegen hat es verhältnismäßig lange gedauert, bis man eine Abspielvorrichtung hatte; das wurde erst möglich durch die Erfindung Edisons, der in ähnlicher Weise wie wir es eben geschildert haben, die Töne in eine Wachswalze eingraben ließ.
Dies waren die ersten Anfänge der sogenannten „Tiefenschrift“, die in Europa dann vollständig durch die 1897 von Berliner erfundene „Seitenschrift“ verdrängt wurde. In Amerika jedoch ist das Edinsonsche Verfahren auch heute noch, namentlich bei der Radio Corporation of Amerika“ vielfach in Gebrauch.
Edison hatte bereits die Idee, seinen Kinematographen durch eine gleichzeitig mit dem Film abrollende Schallwalze zu vervollkommnen. Dies waren die ersten „Tonfilme“, die damals zunächst noch nicht zu einem praktischen Erfolg führten; jedoch regten sie weite Kreise an, sich mit dem Problem zu befassen. Es entstanden die ersten Nadeltonfilme, bei denen also gleichzeitig mit dem Filmband eine Schallplatte abgespielt wurde.
Die Hauptschwierigkeit lag darin, einen vollkommenen Gleichlauf (Synchronismus) von Platte und Film zu erzielen. Dabei ging man meist so vor, daß bei der Aufnahme der Szene – Stellen aus klassischen Opern waren besonders beliebt – eine Schallplatte abgespielt wurde. Die Darsteller hatten lediglich die Mundstellungen naturgetreu nachzuahmen. Bei der Vorführung wurde dann dieselbe Platte dazu gespielt, und wenn sich der Vorführer in dem Abspieltempo nicht allzustark geirrt hatte, ging auch alles gut bis zum Ende des Films, der meist nur eine Spieldauer von wenigen Minuten hatte.
Die Nachteile des Nadeltonfilms, nämlich geringe Spieldauer und Auswechseln der Platten, sind auch bis heute noch nicht restlos beseitigt, so daß man nach anderen Wegen suchte. Richtungsweisend waren hier vor allem die Lichttelefonie die Graham Bell mit großem Erfolge 1893 auf der Weltausstellung in Chicago vorführte, und die Versuche von Duddle und K. Simon mit ihrer singenden bzw. sprechenden Bogenlampe. Es war eigentlich nur noch ein kleiner Schritt, die den Schallwellen getreu folgenden Lichtschwankungen auf ein Filmband laufend zu fotographieren. Es standen dem jedoch noch ungeheure elektrische und vor allen fotografische Schwierigkeiten im Wege. Es hat erst zweier grundlegender Erfindungen bedurft, die heute als die Grundsteine angesehen werden müssen, auf denen sich das imposante Gebäude der Tonfilmtechnik aufbaut, nämlich die lichtelektrische Zelle und die Elektronenröhre.
Die Entwicklung, die die Technik seit den letzten 20 Jahren angenommen hat, ist charakterisiert durch das Problem der Steuerung von Energien. Man will, anders ausgedrückt, mit einem geringen Aufwand an Leistungen große Energiemengen ein- bzw. ausschalten. Eine Vorrichtung zu diesem Zweck nennt man Relais, ein Wort, das noch aus der Zeit der Postkutschen und Stafettenreiter stammt. Es bedeutet eigentlich Ablösung: die müden Pferde sollen durch frische ersetzt werden.
In der Fernsprechtechnik hat man zunächst das Wort ausgegriffen und damit alle Arten von Apparaten bezeichnet, bei denen ein schwacher Strom einen starken lokalen Strom steuert. Das ist ja auch die Grundaufgabe beim Tonfilm: man muß zum Betrieb der Lautsprecher verhältnismäßig große Energien im Rhythmus der Sprache oder Musik steuern und hat dazu nur den äußerst geringen Strom einer Fotozelle zur Verfügung. Hinzu kommt noch, daß es sich bei der Wiedergabe von Klängen um äußerst schnelle Schwingungen handelt, d.h. die lokalen Ströme müssen sehr oft, sagen wir rund bis zu 10 000 mal in der Sekunde, ein –und ausgeschaltet werden. Um dies zu erreichen sind die abenteuerlichsten Konstruktionen erfunden worden, die aber alle den Nachteil einer viel zu großen Trägheit hatten; sie mußten versagen, weil sie den schnellen Schwingungen der Sprache nicht genügend folgen konnten.
Eine ungeheure Umwälzung auf diesen Gebiet bedeutet daher die Erfindung der Verstärkerröhre, hier werden keine mechanischen Massen benutzt. Diese werden vielmehr ersetzt die „masselos“ anzusehenden Elektronen, die aus glühenden Drähten austreten. Die Elektronen mit ihrer Masse, die 2000 mal kleiner ist als die Masse des Wasserstoffatoms, übernehmen die Leistungsübertragung.